Start für die Württembergischen Jugend-Pokalturniere

Veröffentlicht am: 09.10.2011 von Holger Schröck in: Infos und Hintergründe Drucken

Morgen ist KJEM, und wo sind die Kinder?

Vor einem Jahr wurden an dieser Stelle unter der Überschrift „Morgen ist KJEM, und wo sind die Kinder?“ die Hintergründe für die Stuttgarter Kreisjugend-Pokalturniere erläutert. An den fünf Turnieren im Herbst 2010 beteiligten sich 110 Kinder. Das waren in Summe deutlich mehr Kinder, als der Vorstand der Bezirksjugend Stuttgart prognostiziert hatte. Trotz der guten Beteiligung mit einer erheblichen Steigerung der Teilnehmerzahl im Vergleich zu 2009 lag der Anteil der Kinder, die sich im Bezirk Stuttgart in ihrem Kreis an der KJEM beteiligt hatten, auch 2010 unter 25 Prozent. Wo waren eigentlich die anderen 75 Prozent der Kinder?

Talente zeigen Grenze der Jugend-Grandprix-Turniere auf

Bisher bestand das Turnierangebot in der Altersklasse U12 in Württemberg in der Hauptsache aus den Jugend-Grandprix-Turnieren. Eine Differenzierung für die Kinder, die spielstärker sind und am liebsten jedes oder jedes zweite Wochenende ein Turnier spielen, war nicht vorgesehen. Nach den Stuttgarter Kreisjugend-Pokalturnieren fragten Eltern vergeblich nach weiteren derartigen Angeboten. Der Endstand des Römer Frühlingsturniers 2011 in der Altersklasse U10 zeigt, wie überaus berechtigt diese Frage der Eltern ist. Unter den Top 15 waren nur drei Kinder, die nicht im Talentstützpunkt Stuttgart trainieren, und sie kamen auf den Plätzen 8, 9 und 11 ein. Was ist mit den Kindern, die in Rommelshausen ihr erstes Turnier spielten, für die die neun Rundes dieses Jugend-Grandprix-Turniers eigentlich ein Einstieg sein sollte? Wie viele Chancen auf Erfolgserlebnisse hatten diese Kinder?

Ein wesentlicher Grundsatz in der Trainingslehre lautet „Kinder brauchen Kinder, in ihrem Alter und auf ihrem Niveau.“ Das gilt sowohl für das Training als auch für Turniere. Die Schachjugenden aus Baden und Württemberg haben die Jugend-Grandprix-Turniere mit der reduzierten Bedenkzeit für die Einsteiger positioniert. Das ist gut so, und sollte beibehalten werden. Das Beispiel aus Rommelshausen zeigt jedoch deutlich, dass Kinder, die spielstärker sind, ein alternatives, altersgerechtes Turnierangebot brauchen, das für sie so attraktiv ist, dass sie von sich aus kein Jugend-Grandprix-Turnier mehr spielen wollen.

Sportlicher Erfolg stärkt das Selbstvertrauen der Kinder. Genau das wollen wir erreichen. Damit wächst die Motivation der Kinder, für zukünftigen sportlichen Erfolg freiwillig noch mehr zu tun. Auch das wollen wir erreichen. Wenn es also gelingt, der ersten Garnitur in einem anderen Turnierformat Erfolgserlebnisse zu verschaffen, dann ist binnen kurzer Zeit die heute zweite Garnitur an dem Punkt, wo heute die Kinder stehen, die als erste Garnitur eingeschätzt werden. Auch das wollen wir erreichen, um mit diesen Kindern, die immer besser Schach spielen wollen, den Fortbestand unserer Vereine zu sichern. Damit sich dieser Prozeß auch vollziehen kann, brauchen wir ein alternatives, attraktives, altersgerechtes Turnierangebot in den klassischen Jugend-Grandprix-Altersklassen U8, U10 und U12.

Eltern-Botschaft aus Illertissen

Ende Juli fand die Offene Baden-Württembergische Meisterschaft U8 in Illertissen statt. Der Blick in die Teilnehmerliste zeigt, welche weite Wege Eltern bereit sind, in Kauf zu nehmen, dazu ein ganzes Wochenende zu investieren, als Fahrer, Betreuer, Motivator ... für ihre Kinder. Im Turnierbericht von Bernhard Jehle stehen die wesentlichen Fragen der Eltern, die im Rahmen der Eltern-Information der GKL gestellt wurden: Hat mein Kind Talent? Was sollte mein Kind trainieren? Wo gibt es alters- und leistungshomogene Trainingsgruppen? Welche Turniere sollte mein Kind spielen? Alle diese Fragen beziehen sich auf unser Angebot in den Vereinen und im Verband hinsichtlich Eltern-Beratung, Kindertraining und Wettkampf-Praxis, und sie signalisieren einen Bedarf bei den Kindern und bei ihren Eltern.

Ein Teil der Kinder aus dem Teilnehmerfeld von Illertissen hat bereits eine DWZ und kann auf diverse Turniererfolge verweisen. Der neue U8-Meister Daniel Merk (Schachpinguine Murrhardt) nahm 2011 in der Altersklasse U10 sogar an der WJEM teil. Rein sportlich auch in der U8 das gleiche Bild, eher geringe Chancen auf Erfolgserlebnisse für Neueinsteiger, die in Illertissen ihr erstes Turnier spielten.

Württembergische Jugend-Pokalturniere neu in der Jugendspielordnung

Damit ein Turnierangebot für spielstarke U8-, U10- und U12-Kinder angenommen wird, muß es sich von den Jugend-Grandprix-Turnieren unterscheiden. Das Feedback der Kinder dazu ist eindeutig, Kinder wollen eine DWZ-Zahl. Der Modus muß folglich eine DWZ-Auswertung zulassen. Die Mindestbedenkzeit beträgt aktuell eine Stunde pro Partie und Spieler. Am Rande der Stuttgarter Kreisjugend-Pokalturniere 2010 gab es weiterhin ein klares Feedback von Kindern und Eltern, die sich für eintägige Turniere aussprachen. Damit war der wesentliche Rahmen abgesteckt.

Auf Antrag aus den Bezirken Unterland und Stuttgart wurden die Württembergischen Jugend-Pokalturniere auf dem WSJ-Verbandstag am 26.02.2011 in Stuttgart-Vaihingen beschlossen. Johannes Bay ist der für diese Turniere zuständige Ansprechpartner im WSJ-Spielausschuß und erarbeitet auch das Punktsystem. In jedem Turnier gibt es für die Kinder in ihrer Altersklasse Teilnahme- und Ergebnis-Punkte. Der aktuelle Stand der Gesamtwertung wird auf der SVW-Homepage veröffentlicht. Der Gesamtsieger der Württembergischen Jugend- Pokalturnieren in den Altersklassen U8, U10 und U12 erhält jeweils einen Pokal.

Die Stuttgarter Kreisjugend-Pokalturniere 2011/12 sind die ersten sechs Württembergischen Jugend-Pokalturniere. Weitere Turniere dürfen gerne in allen Bezirken folgen, insbesondere in der Zeit von Mitte Februar bis zu den Sommerferien.

Vielfältiges offenes Angebot im Bezirk Stuttgart

Die Bezirksjugend Stuttgart richtet zusammen mit den Kreisen Stuttgart-Mitte, Stuttgart-Ost und Stuttgart-West von Ende September 2011 bis Anfang Januar 2012 insgesamt sechs Württembergische Jugend-Pokalturniere aus. Neu ist daran, dass in diesem Jahr an allen sechs Terminen alle Kinder bis zur Altersklasse U12 (Stichtag 01.01.2000) spielberechtigt sind. In drei Stuttgarter Kreisjugend-Pokalturnieren spielen die Kinder in einer Gruppe, und in den drei anderen Turnieren gibt es jeweils getrennte U10- und U12-Turniere. Der Modus mit fünf Runden nach Schweizer System ist identisch. Die Bedenkzeit beträgt 60 Minuten pro Partie und Spieler, es besteht Schreibpflicht, und alle Turniere werden DWZ-ausgewertet.

Die Kreise Stuttgart-Ost und Stuttgart-West richten wiederum ihre traditionellen Freizeiten aus. In der Altersgruppe U8, U10 und U12 sind die Freizeiten neben der Württembergischen Vereinsjugendmannschaftsmeisterschaft aktuell das einzige Event, das für Kinder Schach in der Gruppe erlebbar macht. Die Freizeiten auf der Diepoldsburg (Stuttgart-West) und in Münsingen-Buttenhausen (Stuttgart-Ost) sind bis zur Altersklassen U12 für alle Kinder aus den Vereinen im Bezirk Stuttgart offen. Gerade um noch mehr Freizeit-Teilnehmer in der U10 gewinnen zu können, sind Vertrauensbildung und Gespräch mit den Eltern unerlässlich.

Wenn das Interesse so groß ist, dass es zu Kapazitätsengpässen kommt, dann genießen allerdings Kinder aus den gastgebenden Kreisen Priorität, da es für sie auf den Freizeiten ab der Altersklasse U12 um die Kreismeistertitel und damit um die Qualifikation zur BJEM geht. Um das vielfältige offene Angebot gestalten zu können, werden auch in diesem Jahr die Qualifikationsplätze zur BJEM kreisspezifisch vergeben. Freiplätze für die BJEM in der Altersklasse U10 und U12 sind an die sportliche Aktivität auf mindestens einem der sechs Stuttgarter Kreisjugend-Pokalturniere gebunden. Alle Turniere mit Ausnahme der Freizeiten werden außerdem von Trainern aus dem Talentstützpunkt Stuttgart zur Sichtung der Talente begleitet. Für die Kinder aus dem gastgebenden Kreis und aus dem Bezirk insgesamt geht es also in jedem Turnier nicht nur um Pokale, Plätze und Preise sondern vielleicht auch noch um ein Schnuppertraining im Talentstützpunkt.

Jugendschach-Anleihe bei der Württembergischen Meisterschaft

Alljährlich wird Ende August bis Anfang September die Württembergische Meisterschaft ausgetragen. Das Turnier der Erwachsenen ist zweigeteilt in ein Meisterturnier und in ein Kandidatenturnier. Während es im Meisterturnier um die Qualifikation zur Deutschen Meisterschaft geht, kämpfen die Spieler im Kandidatenturnier um den Aufstieg ins Meisterturnier. Auf die Altersklassen U10 und U12 übertragen bedeutet das, parallel ein Württembergisches Jugend-Pokalturnier und ein Jugend-Grandprix-Turnier auszutragen. Genau das ist zum Sindelfinger Jugendschachtag Anfang Januar 2012 geplant. Im Stuttgarter Kreis-Jugend-Pokalturnier geht es für die U10- und U12-Kinder aus dem Kreis Stuttgart-West um die Qualifikationplätze zur BJEM, während die Einsteiger parallel dazu ein separates Turnier austragen. Spätestens zur Siegerehrung sind dann alle Kinder wieder beieinander.

Fazit und Ausblick

Mit den Stuttgarter Kreisjugend-Pokalturnieren 2011/12 wird das Turnierangebot bis zur Altersklasse U12 im Bezirk Stuttgart noch einmal deutlich erweitert. Alle Kinder der Jahrgänge 2000 und jünger können damit an sechs Turnieren in der Region teilnehmen, sich vielleicht eine DWZ erspielen und sich für den Talentstützpunkt empfehlen. Kinder aus anderen Kreisen, Bezirken und Verbänden sowie aus Schulschachgruppen sind wiederum herzlich eingeladen, sich an sechs Samstagen von Ende September bis Anfang Januar mit den Stuttgarter Talenten zu messen und um die Pokale zu streiten.

Dr. Konrad Müller
Schulungsreferent Bezirksjugend Stuttgart