SV Schorndorf - SK Schwäbisch Gmünd

Veröffentlicht am: 22.10.2007 von Holger Schröck in: Schiedsgericht » Urteile Drucken

Schiedsspruch

In der Berufungssache

Schachverein Schorndorf, vertr. d. den Vorsitzenden Jörg Gutmann
- Protestführer/Berufungsführer -

gegen

Schachkreis Schwäbisch Gmünd, vertr. d. den Vorsitzenden Alexander Ziegler
- Protestgegner/Berufungsgegner -

hat das Verbandsschiedsgericht durch Hans-Jörg Schiele als Vorsitzenden und Ute Jusciak und Michael Schwerteck als Beisitzer am 22. Oktober 2007 ohne mündliche Verhandlung wie folgt entschieden:

  1. Der Schiedsspruch des Bezirksschiedsgerichts Ostalb vom 05.07.2007 wird aufgehoben.
  2. Der Protestgegner wird verpflichtet, den Härtefallantrag des Protestführers vom 21.09.2006 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
  3. Die Protestgebühren werden dem Protestführer erstattet. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Begründung

I.

Mit E-Mail vom 20.09.2006 lud der Protestgegner zu seiner Kreisversammlung am 09.10.2006 ein. Am 21.09.2006 schrieb der Vater des Vorsitzenden des Protestführers den Vorsitzenden des Protestgegners an und teilte mit, dass seitens des Protestführers voraussichtlich kein Vertreter für die Kreisversammlung verfügbar sein werde. Tatsächlich erschien am 09.10.2006 kein Vertreter des Protestführers.

Mit Bescheid vom 15.10.2006 verhängte der Protestgegner gegen den Protestführer wegen der Nichtteilnahme an der Kreisversammlung ein Bußgeld in Höhe von 50 ¤.

Gegen diesen Bescheid legte der Protestführer mit Schreiben vom 15.10.2006 beim Bezirksschiedsgericht Ostalb Protest ein. Am 21.12.2006 schickte der damalige stellvertretende Vorsitzende des Bezirksschiedsgerichts dem Protestführer eine E-Mail, in der er mitteilte, dem Protest werde „einstimmig stattgegeben“. Am 05.07.2007 verkündete das Bezirksschiedsgericht in neuer Besetzung in derselben Sache einen Schiedsspruch, in welchem der Protest als unbegründet zurückgewiesen wurde.

Mit Schreiben vom 12.07.2007 legte der Protestführer gegen die Entscheidung des Bezirksschiedsgerichts Berufung ein. Er beantragt,

den Schiedsspruch des Bezirksschiedsgerichts Ostalb vom 05.07.2007 und den Bescheid des Kreisvorsitzenden des Schachkreises Schwäbisch Gmünd vom 15.10.2006 aufzuheben.

Der Protestführer ist der Auffassung, der Schiedsspruch vom 05.07.2007 sei unzulässig ergangen. Bereits die E-Mail vom 21.12.2006 habe einen wirksamen Schiedsspruch dargestellt, der eine erneute Entscheidung in derselben Sache ausgeschlossen habe.
Zudem verletze der Schiedsspruch vom 05.07.2007 auch materielles Recht. Die Regelung der Bußgelder im Bezirk Ostalb überschreite die in der Verbandssatzung enthaltene Ermächtigungsgrundlage und sei daher nichtig. Der Kreisvorsitzende sei außerdem verpflichtet gewesen, über den im Schreiben vom 21.09.2006 liegenden Härtefallantrag zu entscheiden. Zudem ergebe sich aus den Grundrechten das Recht, einer Versammlung fernzubleiben.

II.

Die Berufung ist zulässig; insbesondere wurden Form und Frist gem. § 13 der Schiedsordnung gewahrt. Zum überwiegenden Teil ist die Berufung auch begründet.

1. Formelle Rechtmäßigkeit des angegriffenen Schiedsspruches

Die Entscheidung des Bezirksschiedsgerichts vom 5. Juli 2007 ist zulässig ergangen. Die per Telefon und per E-Mail vom 21. Dezember 2006 erfolgte Mitteilung an den SV Schorndorf, in der dem Protest des SV Schorndorf stattgegeben wurde, stellt offensichtlich keine wirksam abgesetzte Entscheidung dar. Es fehlt an der förmlichen Unterschrift des entscheidenden Gerichts. Nachdem in der Schiedsordnung keine gesonderten Verfahrens- und Formvorschriften enthalten sind, sind analog die Verfahrensgrundsätze der Zivilprozessordnung (§§ 315, 317) anzuwenden. Allein aufgrund der Tatsache, dass die Mitteilung vom 21. Dezember 2006 keine Unterschrift trägt, sondern nur die Namensbezeichnungen der Richter enthält, ist davon auszugehen, dass es sich hier nur um einen Urteilsentwurf handelt. Entscheidend ist jedoch, dass die Mitteilung in keiner Form entsprechend den allgemein gültigen Zustellungsvorschriften zur Kenntnis gebracht wurde. Es ist davon auszugehen, dass die E-Mail nur eine später revidierte Auffassung des Bezirksschiedsgerichts war.
Das Bezirksschiedsgericht Ostalb erließ somit zulässig seine Entscheidung vom 5. Juli 2007.

2. Materielle Rechtmäßigkeit des Schiedsspruches

Der Schiedsspruch des Bezirksschiedsgerichtes Ostalb vom 5. Juli 2007 ist jedoch materiell-rechtlich rechtswidrig. Sowohl die Bezirksleitung als auch das Bezirksschiedsgericht haben die im vorhinein vorgetragenen Gründe des SV Schorndorf für sein Fehlen nicht ausreichend gewürdigt. Eine Prüfung der Härtefallgründe erfolgt nicht nur aus § 14 Abs. 2 Satz 4 der Verbandssatzung i.V.m. der Regelung in der Bezirksordnung. Vielmehr gebietet der allgemeine Treuepflichtgrundsatz des Vereinsrechts vor Erlass einer entsprechenden Sanktion, den Grad des Verschuldens des betroffenen Vereins, wie auch die Länge seiner tadelfreien Mitgliedschaft, zu würdigen (OLG Frankfurt a.M. NZA-RR 2002, 531,535).
Eine Entscheidung über den Härtefallantrag des SV Schorndorf ist noch nicht erfolgt. Unter Berücksichtigung des Treuepflichtgedankens ist es unzulässig, vorab gestellte Härtefallanträge mit der Begründung abzulehnen, dass Anträge gemäß der Geschäftsordnung (Paragraph?) „unmittelbar nach erfolgtem Nichterscheinen zu stellen“ sind. Vielmehr ist diese Regelung vor dem Hintergrund der verbandsrechtlichen Treupflichten Mitgliedern gegenüber so auszulegen, dass die Härtefallanträge spätestens „unmittelbar nach erfolgtem Nichterscheinen“ zu stellen sind, also auch schon im Voraus gestellt werden können.

Vor diesem Hintergrund wird die Entscheidung des Bezirksgerichts Ostalb vom 5. Juli 2007 aufgehoben und der Sachverhalt gleichzeitig zur Entscheidung über den Härtefallantrag an den Kreisvorsitzenden des Schachkreises Schwäbisch Gmünd zurückverwiesen. Für das Gericht ist die Sache nicht entscheidungsreif, da dem Kreisvorsitzenden ein Ermessensspielraum verbleibt. Nach Auffassung des Gerichts spricht aber das langjährige tadelfreie Verhalten des Protestführers dafür, von einer Geldstrafe abzusehen und stattdessen nur eine Verwarnung auszusprechen.

3. Kosten

Gem. § 12 Abs. 5 Schiedsordnung wird auf die Kostenregelung der FGG verwiesen. Nach § 13 a FGG werden in der Regel außergerichtliche Kosten nicht erstattet. Für eine Abweichung von dieser Regelung besteht kein Anlass.
Die Protestgebühren werden, da das Berufungsverfahren im Wesentlichen erfolgreich ist, dem Protestführer in voller Höhe erstattet.

Hans-Jörg Schiele Ute Jusciak Michael Schwerteck