Schachklub Sontheim/Brenz - DJK Ellwangen

Veröffentlicht am: 23.03.2009 von Holger Schröck in: Schiedsgericht » Urteile Drucken

Schiedsspruch

In der Berufungssache

Schachklub Sontheim/Brenz, vertreten durch den Vorsitzenden Roland Mayer,
Protestführer/Berufungsgegner –

gegen

DJK Ellwangen, Schachabteilung, vertreten durch den Vorsitzenden Markus Wiesner
- Protestgegner/Berufungsführer -

hat das Verbandsschiedsgericht am 23. März 2009 durch Hans-Jörg Schiele als Vorsitzenden sowie Vladimir Horvatic und Michael Schwerteck als Beisitzer für Recht erkannt:

Die Berufung gegen den Schiedsspruch des Bezirksschiedsgerichts Ostalb vom 04.01.2009 wird zurückgewiesen. Der Berufungsführer trägt die Kosten der Berufung.

Begründung:

I.

Die Parteien streiten über eine Schiedsrichterentscheidung im Rahmen eines Mannschaftskampfs.

Am 30.11.2008 kam es in der Landesliga Ostalb zur Begegnung DJK Ellwangen I (Heimmannschaft) gegen SK Sontheim/Brenz I. Als Schiedsrichter war der Mannschaftsführer der Heimmannschaft, SF Andreas Berg, zuständig. An Brett 1 spielte SF Trepca für Sontheim gegen SF Waldenberger (Ellwangen).

Wenige Züge vor der ersten Zeitkontrolle (der genaue Zeitpunkt ist streitig) kam es zu einem Zwischenfall, als SF Trepca nach Ausführung seines Zuges die Schachuhr nicht betätigte und hierauf von seinem Mannschaftskameraden SF Ott aufmerksam gemacht wurde. SF Waldenberger befand sich zu diesem Zeitpunkt in starker Zeitnot (Restbedenkzeit bis zum 40. Zug etwa 35 Sekunden), während SF Trepca noch über rund eine Stunde verfügte. Nachdem letzterer auf die Äußerung hin seine Uhr gedrückt hatte, schritt SF Berg ein und erklärte die Partie als für SF Waldenberger gewonnen. Die Uhr wurde nicht angehalten. Während sofort eine lautstarke Diskussion einsetzte, setzten die beteiligten Spieler die Partie fort, wobei SF Waldenberger im 40. Zug die Bedenkzeit überschritt und dem Gegner die Hand zum Zeichen der Aufgabe reichte. Dennoch wertete SF Berg die Partie mit 0:1, d.h. Sieg für SF Waldenberger, da die von ihm getroffene Entscheidung Vorrang habe. Endstand des Mannschaftskampfes war somit 5:3 für Ellwangen.

Auf den Protest des Berufungsgegners entschied die Bezirksspielleitung mit Bescheid vom 05.12.2008, dass die Partie an Brett 1 nicht gewertet werde (Endstand somit 4:3 für Ellwangen). Hiergegen erhob der Berufungsgegner Protest zum Bezirksschiedsgericht. Dieses hob mit Schiedsspruch vom 04.01.2009 die Entscheidung der Bezirksspielleitung auf und wertete die streitgegenständliche Partie mit einem Sieg für SF Trepca (Endstand somit 4:4).

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Berufung. Der Berufungsführer beantragt, die Partie am 1. Brett mit 1:0 für SF Waldenberger zu werten, hilfsweise, die Entscheidung der Bezirksspielleitung wiedereinzusetzen. Er meint, die Schiedsrichterentscheidung sei rechtmäßig gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Parteien sowie auf den angefochtenen Schiedsspruch verwiesen. Zu den weiteren ursprünglich streitgegenständlichen Punkten erübrigen sich nähere Ausführungen, da der Berufungsführer die Berufung auf die o.g. Anträge beschränkt hat.

II.

Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Der angefochtene Schiedsspruch ist zumindest im Ergebnis nicht zu beanstanden.

Die Ausführungen des Bezirksschiedsgerichts Ostalb sind nach Auffassung des Verbandsschiedsgerichts überwiegend richtig; auf eine Wiederholung derselben wird verzichtet. Die vom Berufungsführer dagegen vorgebrachten Argumente greifen nicht durch.

Der entscheidende Aspekt ist, dass die FIDE-Regeln für die hier vom Schiedsrichter getroffene Entscheidung (sofortiger Partieverlust) keine Ermächtigungsgrundlage bieten. Externe Störungen sind dort in Art. 13.7 a) speziell geregelt:

“Zuschauer oder Spieler anderer Partien dürfen nicht über eine Partie reden oder sich auf andere Weise einmischen. Falls nötig, darf der Schiedsrichter die Störer aus dem Turniersaal verweisen.”

Ergänzend besagt Art. 13.5:

“Bei externen Störungen darf der Schiedsrichter einem der Spieler oder auch beiden zusätzliche Bedenkzeit gewähren.”

Über Saalverweis und Zeitgutschrift hinaus sehen die FIDE-Regeln keine weiteren Sanktionen vor, schon gar nicht den Partieverlust für einen schuldlosen Spieler. Der in Art. 13.4 enthaltene Sanktionenkatalog ist – insoweit vom Bezirksschiedsgericht übersehen – auf den vorliegenden Fall schon gar nicht anwendbar. Diese Vorschrift gilt im Verhältnis zwischen den beiden Spielern einer Partie und regelt mögliche Sanktionen für eigenes Fehlverhalten. Für externe Störungen hingegen gelten die oben angeführten Vorschriften als Spezialregelungen. Die richtige Vorgehensweise hätte demgemäß darin bestanden, den Störer aus dem Turniersaal zu verweisen und dem in seiner Konzentration gestörten SF Waldenberger eine Zeitgutschrift zu gewähren.

Wie im Übrigen vom Bezirksschiedsgericht zutreffend ausgeführt, wäre auch bei Anwendung von Art. 13.4 die Entscheidung des Schiedsrichters grob unverhältnismäßig. Der Hinweis an SF Trepca, der ohnehin über reichlich Bedenkzeit verfügte, ist kaum als partieentscheidend anzusehen. Zwar hätte SF Waldenberger ohne den Hinweis wohl etwas mehr Zeit gehabt, über seine Stellung nachzudenken, jedoch hätte dieser entgangene Vorteil ohne weiteres durch eine Zeitgutschrift wettgemacht werden können. Ohnehin ist davon auszugehen, dass der auf die Zeitüberschreitung des Gegners wartende SF Trepca das vergessene Drücken der Uhr alsbald bemerkt hätte. Das vom Schiedsrichter selbst bekundete Vorhaben, jegliches Hineinreden mit dem sofortigen Partieverlust zu bestrafen, ohne die konkreten Umstände des Einzelfalls zu würdigen, begründet einen Ermessensfehler.

Beendet wurde die Partie daher durch die Zeitüberschreitung von SF Waldenberger vor der Vollendung des 40. Zuges, welche vom Schiedsrichter beobachtet wurde (vgl. Art. 6.9 der FIDE-Regeln). Darüber hinaus reichte der Ellwanger Spieler seinem Gegner die Hand und erklärte damit unmissverständlich die Aufgabe. Somit lautet das Ergebnis 1:0 für SF Trepca.

Angesichts dieser Rechtslage konnte auch der Hilfsantrag des Berufungsführers keinen Erfolg haben. Die Berufung war folglich zurückzuweisen. Die Kosten waren gem. § 12 Abs. 3 SchiedsO dem Berufungsführer aufzuerlegen.

Hans-Jörg Schiele Vladimir Horvatic Michael Schwerteck