Tamm+Rommelshausen - Schachjugend

Veröffentlicht am: 04.06.2005 von Holger Schröck in: Schiedsgericht » Urteile Drucken

In Sachen

1. Schachclub Tamm 74 e. V., vertr. d. d. Vorsitzenden
2. Spielvereinigung Rommelshausen, Abt. Schach, vertr. d.
Antragsteller

gegen

die Württembergische Schachjugend, vertr. d. d. Vorsitzenden

Antragsgegnerin wegen Qualifikation hat das Verbandsschiedsgericht am 4.6.2005 auf mündliche Verhandlung durch Dr. Rolf Gutmann als Vorsitzenden und Siegfried Kast und Bernhard Kronbach als Beisitzer für Recht erkannt:

1. Es wird festgestellt, dass sich die jeweils 1. Mannschaft der Spielvereinigung Rommelshausen und des Schachclubs Tamm 74 in der Altersgruppe U 16 für die Deutsche Vereinsjugend-Mannschaftsmeisterschaft U 16 qualifiziert haben.

2. Es wird festgestellt, dass sich die 1. Mannschaft des Schachclubs Tamm 74 e.V. in der Altersgruppe U12 für die Deutsche Vereinsjugend-Mannschaftsmeisterschaft U 12 qualifiziert hat.

3. Den Protestführern werden die Protestgebühren erstattet.

4. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Begründung:

I.

Die Antragsgegnerin verlangt von den Antragstellern die erfolgreiche Teilnahme an einem gemeinsam mit der Badischen Schachjugend auszutragenden Turnier als Voraussetzung für die Qualifikation zur Deutschen Vereinsjugend-Mannschaftsmeisterschaft. Sie verweist auf einen vom Verbandsjugendtag bestätigten Beschluss ihres Vorstands vom 13.11.2004. Die Antragsteller machen demgegenüber geltend, dass sich ihre Jugendmannschaften bei zu Grunde legen der in der Vergangenheit angewandten Regelung sich durch die erfolgreiche Teilnahme an der Württembergischen Mannschaftsjugendmeisterschaft für die Teilnahme an der Deutschen Vereinsjugend-Mannschaftsmeisterschaft qualifiziert hätten. Das Turnier sei als Meisterschaftsturnier ausgeschrieben gewesen. Der Beschluss des Jugendverbandstags, auf den sich die Antragsgegnerin berufe, sei nicht vor dem Turnier veröffentlicht worden.

II.

1. Der Vorstandsbeschluss vom 13.11.2004 und der Beschluss des Verbandsjugendtags, durch den § 5.6 der Jugendspielordnung geändert und die Durchführung einer Baden-Württembergischen Mannschaftsjugendmeisterschaft gemeinsam mit dem Schachverband Baden vorsahen, benennen keinen Zeitpunkt für sein Inkrafttreten. Das bedeutet nicht, wie die Antragsteller meinen, dass der Beschluss frühestens mit Beginn der kommenden Saison in Kraft treten sollte. Nach allgemeinen Grundsätzen ist in einem solchen Fall als Zeitpunkt des Inkrafttretens einer Neuregelung derjenige der Beschlussfassung anzusehen.

EuGH, U. v. 10.9.1996 - Rs. C-277/94 -, InfAuslR 1996, 382 (Taflan-Met)

2. Dies kann in Ausnahmefällen genügen, um Rechte Dritter zu begründen.

EuGH, a. a. O.

Wiederum nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen bedürfen Vorschriften, die auch in die Rechte Dritter eingreifen, der Veröffentlichung. Erst die Veröffentlichung begründet die Rechtspflicht zur Beachtung, auch wenn die Rechtsvorschrift dem Rechtsunterworfenen unbekannt sein sollte. Die von der Antragsgegnerin beabsichtigte Neuregelung löste bis zu diesem Zeitpunkt bestehendes Gewohnheitsrecht ab und konnte deshalb ohne Veröffentlichung nicht wirksam werden.

Es kann dahinstehen, ob eine ausreichende Form der Veröffentlichung auch die Ausschreibung des Turniers als Qualifikation zur baden-württembergischen Verbandsjugend-Mannschaftsmeisterschaft gewesen wäre. Denn eine solche Ausschreibung ist nicht erfolgt.

Die Antragsgegnerin wendet in diesem Zusammenhang ein, die Antragsteller hätten durch Teilnahme an Verbands- und Bezirksjugendtag von der Neuregelung Kenntnis erhalten müssen. Die (beim Verbandsjugendtag nicht durch einen Delegierten vertretene) Antragstellerin zu 2) hat hierzu erklärt, dass sie beim Bezirksjugendtag nicht anwesend gewesen sei. Auf die Kenntnis von der nicht veröffentlichten Neuregelung kommt es indes nicht an. Andernfalls hätte die Ausschreibung des Turniers für die Teilnehmer in Abhängigkeit von ihrem Kenntnisstand unterschiedliche Folgen bei erfolgreicher Teilnahme gehabt, was wiederum dem Grundsatz widersprechen würde, dass das in einem Wettkampf erreichbare Ziel für die Beteiligten gleich sein muss.

Nachdem vor Beginn des Turniers über den Modus der Qualifikation nicht weiter gesprochen wurde und der Beschluss über die Durchführung der Meisterschaft gemeinsam mit der Badischen Schachjugend nicht veröffentlicht war, blieb diese Ausschreibung des Turniers verbindlich. Auf den Inhalt von Gesprächen nach Abschluss des Turniers kommt es für die Beurteilung nicht an, denn sie können eine erreichte Qualifikation nicht ändern. Die Vernehmung des von der Antragsgegnerin benannten Zeugen war deshalb nicht erforderlich.

3. Die Badische Schachjugend wird durch diese Entscheidung mittelbar betroffen. Dies ist jedoch nicht unbillig. Als sich die Vorstände beider Schachjugenden über die Durchführung einer gemeinsamen baden-württembergischen Vereinsjugend-Mannschaftsmeisterschaft einigten, war beiden bewusst, dass diese Einigung der jeweils innerverbandlichen Umsetzung bedurfte. Beide konnten auch gegenseitig an Hand der Veröffentlichung der Verkündungsorgane jeweils in der EuropaRochade überprüfen, inwieweit diese Umsetzung erfolgreich war.

Die Badische Schachjugend kann sich nach diesem Schiedsspruch von der gemeinsamen Vereinbarung für das Jahr 2005 lösen und wie im Vorjahr die ihr verbleibenden Qualifikationsplätze intern vergeben.

Dr. Rolf Gutmann Siegfried Kast Bernhard Krombacher