Matthias Blübaum - ein Württemberger aus Lemgo ist Europameister

Veröffentlicht am: 09.04.2022 von Karlheinz Vogel in: Presse und Öffentlichkeitsarbeit Drucken

Dobrodošli, das heißt "Willkommen" auf Slowenisch, denn vom 26. März bis 07. April fanden die Europäischen Einzelmeisterschaften der Herren in Terme ?atež in Slowenien statt.

Zunächst ein Exkurs über mehr oder weniger bekannte Schachspieler slowenischer Herkunft: Am bekanntesten dürfte Dr. Milan Vidmar sein, der es als Amateur zum GM und bis in die Weltspitze schaffte. Insbesondere war er für seine Fairness bekannt: so gab er im Turnier von London 1922 eine verlorene Stellung auf, obwohl sein Gegner Capablanca, aufgrund eines Missverständnisses nicht zur Fortsetzung der Hängepartie erschien. Vasja Pirc kennt man für die nach ihm benannte Eröffnung, Bruno Parma hält man für einen Italiener - warum sollte es ihm besser ergehen, als dem Komponisten Giuseppe Tartini? Beinahe vergessen ist ein Metalldreher aus der Fahrradfabrik in Ljubljana namens Albin Planinc, der die Dreistigkeit besaß, das 1. Vidmar Gedenkturnier im Jahr 1969 als titelloser Spieler vor zehn(!) GMs – u.a. Gligoric, Unzicker, Matanovic und Gheorghiu – und drei IMs zu gewinnen - die Älteren erinnern sich womöglich.

Auf der Europameisterschaft werden die zu vergebenden Plätze für den FIDE-Weltcup ausgespielt. Damit treten Spieler, die für den Weltcup bereits vorqualifiziert sind, wie zum Beispiel Vincent Keymer, der sich 2021 durch seinen zweiten Platz in Reykjavik für das Grand Swiss in Riga und dort für den FIDE Grand Prix qualifizierte, gar nicht mehr an.

Mit bis zu 2700 ELO war das Niveau der Teilnehmer immer noch sehr hoch. So war Matthias Blübaum (Deizisau) auf Platz 20 der mehr als 300 Teilnehmer gesetzt.

In der ersten Runde tat sich Matthias gegen einen slowenischen IM schwer und musste sich mit Remis zufrieden geben. Die folgenden sechs Partien konnte er – nach zum Teil wechselhaftem Verlauf – alle für sich entscheiden. Von außen betrachtet könnte man meinen, dass er es in den letzten vier Runden mit vier Remis austrudeln ließ. Vom Gewinnversuch, einem Remis mit dem (National-)Mannschaftskollegen, über das Leiden bis endlich der Remis-Hafen erreicht ist, war alles dabei. Damit kam Matthias wie der Zweitplatzierte Gabriel Sargissian aus Armenien auf 8,5 von 11 möglichen Punkten, hatte aber mit dem höheren Gegnerschnitt die etwas bessere Zweitwertung.

Übrigens: sehr sympathisch kam Matthias im anschließenden Interview beim Schachbund rüber, wo er ganz offen darüber sprach, in welchen Partien er schlecht spielte, wo er Glück hatte und dass er, wenn er jetzt nicht Schach spielte, eigentlich an seiner Masterarbeit arbeiten sollte.

Lieber Matthias, herzlichen Glückwunsch auch von Deinem SVW! Du weißt ja, dass der Erfolg viele Väter hat, nur der Misserfolg ist ein Waisenkind.

Glückwünsche gehen auch an Tobias Kölle (Schönaich), der eine IM-Norm erreichte. Wie die anderen deutschen SpielerInnen abgeschnitten haben und wer alles Normen erzielte, kann man dem vollständigen Bericht beim Schachbund entnehmen. Selbst bis in die Sportschau schaffte es die Meldung vom EM-Sieg.

Alle Ergebnisse und Partien finden sich u.a. bei Chess-Results.

Formal ist Matthias Blübaum der erste Deutsche Europameister. Sein Nationalmannschaftskollege Liviu-Dieter Nisipeanu hat zwar schon 2005 den Titel geholt, aber damals dachte der noch für die rumänischen Farben.

Alle Europameister seit dem Jahr 2000 gibt es bei Wikipedia.