Schiedsspruch Bezirksschiedsgericht vom 7.5.2021

Veröffentlicht am: 30.05.2021 von Achim Jooss in: Schachbezirk Neckar-Fils » Offizielles Drucken


Der Protestführer macht in seinem Schreiben vom 9. März 2021 mehrere Begehren bezüglich der
Fortsetzung der Landesligasaison 2019/2020, der Ermittlung seiner Plazierung durch Berliner
Wertung sowie folgenden Losentscheides durch den Bezirksspielleiter und Teilnahmeberechtigung
an der folgenden Landesligasaison geltend.
Das Bezirksschiedsgericht entscheidet hierzu wie folgt:
Der gegen die Fortsetzung der Saison gerichtete Teil des Protestes ist unzulässig. Die weiteren
Begehren sind zwar zulässig, jedoch unbegründet.
Das Bezirksschiedsgericht empfiehlt, Regelungen zur Milderung von möglichen Härten ggf. auf
dem Bezirkstag zu diskutieren und zu beschließen.
I. Sachverhalt
1 Die Landesligasaison 2019/2020 wurde aufgrund der Verordnungen des Landes Baden-
Württemberg im Zuge der Pandemie unterbrochen. Auf Vorschlag des Bezirksspielleiters vom
8.8.20 entschied der Bezirksspielausschuss am 2.9.20, die Saison mit Terminen am 20.9. sowie
11.10.20 für die Runden acht und neun fortzusetzen.
2 Nach Abschluss der neunten und letzten Runde liegen der Protestführer sowie SV Nürtingen II
nach Mannschaftspunkten sowie aufgrund von §15 Abs. 6 WTO (Berücksichtigung kampfloser
Siege) nach Brettpunkten gleichgesetzt auf dem siebten Platz. Das direkte Aufeinandertreffen der
beiden Mannschaften am 12.01.20 endete 4:4. Unstreitig ergibt auch die Berliner Wertung für
diese Begegnung einen Gleichstand.
3 Der Bezirksspielleiter terminierte daraufhin mit E-Mail vom 13.10.20 auf den 18.10.20 9:50 Uhr
anlässlich eines angesetzten Mannschaftskampfes einen öffentlichen Losentscheid. Der Termin
konnte aufgrund der Pandemielage nicht stattfinden. In einer ersten Mitteilung vom 19.10.20 gab
der Bezirksspielleiter bekannt, dass ein Losentscheid vorgenommen wurde und zu Ungunsten des
Protestführers ausgefallen ist. Aus dem weiteren Text der Mitteilung geht jedoch auch hervor, dass
dieser Vorgang möglicherweise keine negativen Auswirkungen auf den Protestführer habe,
insofern kein weiterer Absteiger festzustellen sei. Diese Deutung bestätigte der Bezirksspielleiter
am 20.10.20.
Der Losentscheid wurde nach glaubhaften Auskünften des Bezirksspielleiters am 16.10.20 in
Oberkirch unter Anwesenheit mindestens eines, benannten Zeugens durchgeführt. Es wurde dabei
die Methode mit zwei namentlichen Zetteln angewandt.
Am 4.3.21 teilte der Bezirksspielleiter mit, dass der Losentscheid aufgrund Entscheidungen der
Spielleitung der übergeordneten Verbandsliga doch den Abstieg des Protestführers aus der
Landesliga bedeute. Der Entscheidung des Bezirksspielleiters war eine Rechtsbehelfsbelehrung
angefügt, allerdings mit Verweis auf das Verbandsschiedsgericht.
II. Entscheidungsbegründung
1. Der Protestführer begehrt, die Fortsetzung der Saison 2019/2020 im September/Oktober 2020
für unwirksam zu erklären.
Der Protestführer war mit Zugang der Entscheidung des Bezirksspielausschusses vom 2.9.20 zur
Fortsetzung der Saison bereits mit rechtlichen Pflichten belastet. Er hätte deshalb damals
innerhalb der nach § 17 Schiedsordnung SVW vorgesehenen Verfahren und Fristen seiner
Rechtsposition Gehör verschaffen können und müssen. Der Protest ist deshalb in dieser Hinsicht
unzulässig.
Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass nach § 6 Bezirksspielordnung i.V.m. §2f WTO die
Zuständigkeit für die Festlegung von Terminen bei der Bezirksspielleitung liegt. Der
Bezirksspielleiter verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass auch andere Beschlüsse zu
Wettbewerbsverzerrungen führen konnten.
2. Der Protestführer wendet sich gegen die Ermittlung der Plazierung in der Landesligasaison
2019/2020.
Die Zuständigkeit des Bezirksschiedsgerichtes ergibt sich nach § 4 Schiedsordnung
Schachverband Württemberg.
Bei der Bekanntmachung vom 19.10.2020 des Ergebnisses des Losentscheides gegenüber dem
Protestführer durch den Bezirksspielleiter waren für den Protestführer die Bedeutung durch die
weiteren Ausführungen des Spielleiters nicht eindeutig erkennbar. Maßstab ist daher die Nachricht
vom 4. März 2021 des Bezirksspielleiters.
Der Protestführer und der SV Nürtingen II waren am Ende der Saison unbestritten mannschaftsund
brettpunktgleich gewertet. Nach § 2 Nr. 6 Bezirksspielordnung Neckar/Fils entscheidet danach
der direkte Vergleich der beiden Mannschaften, des weiteren die Berliner Wertung.
Bei der Berliner Wertung werden erzielte Punkte an höheren Brettern stärker gewichtet. Dies
geschieht anerkanntermaßen, indem ein Sieg am letzten Brett mit eins gewertet wird und danach
in aufsteigender Folge. Dabei kann sich wiederum ein Gleichstand ergeben. Es gibt keine
Rechtsquelle, dass darüber hinaus bei der Berliner Wertung letztlich das höhere, gewonnene Brett
entscheidet. Der Protest ist dahin gehend deshalb unbegründet.
Nach § 2 Nr. 6 entscheidet im weiteren das Los. Wie das Losverfahren durchzuführen ist, ergibt
sich aus keinen Bestimmungen des Schachbezirks oder des Schachverbandes. Aus der gelebten
Praxis und anderen Rechtsvorschriften ergibt sich eine breite Spannweite von Möglichkeiten.
Diese reichen vom Münzwurf (u.a. auch Deutsche Schachjugend https://www.deutscheschachjugend.
de/glossar/ ohne nähere Regelungen) bis zur Ziehung der Lottozahlen unter
notarieller Aufsicht. Der Bezirksspielleiter hatte deshalb grundsätzlich einen großen
Ermessensspielraum, eine angemessene Durchführung zu wählen. Die vom Bezirksspielleiter
angewandte Methode findet sich durchaus in Rechtsbestimmungen.
Nachdem der vom Bezirksspielleiter anberaumte Termin zur Auslosung nicht zustande kam, war
dieser an seine Ankündigung nicht mehr gebunden. Des weiteren ist die Abwägungsentscheidung
des Bezirksspielleiters, die sich bietende Gelegenheit zur Durchführung am 16.10. unter Beisein
weiterer Personen zu nutzen, nicht zu beanstanden. Es ist dabei auch zu berücksichtigen, dass
unter den äußeren Umständen eine zeitnahe Alternative an anderem Ort oder Termin nicht
absehbar war.
Das Begehren des Protestführers gegen die Gültigkeit des Losentscheides ist deshalb
unbegründet.
3. Der Protestführer begehrt, ihm einen Startplatz in der folgenden Landesligasaison zu gewähren,
da ihm eine besondere Härte entstanden ist.
Die zeitgeschichtlichen Umstände sind für alle Beteiligten eine große Herausforderung. Aus den
gegebenen Ordnungen von Schachbezirk und Schachverband ergeben sich jedoch keine
gerichtlich einforderbare Rechtsgrundlagen, dem Protestführer eine besondere Härte und deshalb
einen Startplatz für die folgende Landesligasaison zu gewähren. Daneben regelt § 2 Nr. 2
Bezirksspielordnung Neckar/Fils abschließend, dass die Landesliga mit zehn Mannschaften spielt.
Die Schaffung eines zusätzlichen Startplatzes würden die Kompetenzen des Gerichtes
überschreiten, da es sich hierbei um Rechtsetzung handeln würde. Das Begehren zur
Startberechtigung in der nächsten Landesligasaison ist deshalb unbegründet.
III. Kostenentscheidung
Der Protestführer hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, § 12 Schiedsordnung SVW. Diese sind
durch die Protestgebühr abgegolten.
IV. Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diese Beschluss kann innerhalb von zehn Tagen nach Zugang Berufung beim
Verbandsschiedsgericht eingelegt werden. Die Berufung ist schriftlich in dreifacher Fertigung beim
Vorsitzenden des Verbandsschiedsgerichts einzulegen. Zugleich ist die Protestgebühr in Höhe von
100,- Euro bei der Verbandskasse zu entrichten, § 13 Schiedsordnung SVW.
Anschrift (siehe auch Homepage des SVW unter Adressen Verbandsschiedsgericht)
1. Vorsitzender Schiedsgericht
Alexander Häcker
gez. Fischer, Hande, Wiedmann
07. Mai 2021